Seit geraumer Zeit engagiert sich Röhrl in Sachen eFuel und setzt große Hoffnungen in diese Entwicklung, damit auch künftig historische Fahrzeuge bewegt werden können. „Der synthetische Kraftstoff ist eine tolle Möglichkeit, dass man ganz schnell etwas Effektives für die Umwelt macht“, urteilt Röhrl.
EFuels werden mit Hilfe von Strom hergestellt. Per Elektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespaltet. Für die Herstellung von Benzin ist noch Kohlenstoff vonnöten, der sich aus industriellen und landwirtschaftlichen Abgasen entnehmen lässt, im Idealfall lässt er sich schlicht aus dem CO2 der Umgebungsluft filtern. Porsche unterhält mit Betreibergesellschaft Highly Innovative Fuels (HIF) seit 2022 eine Versuchsanlage in Chile, die ihren Strom aus Windkraft gewinnt und bereits eFuel produziert. Auch wenn der saudische Öl-Gigant Aramco im spanischen Bilbao eine ähnliche Anlage hochgezogen hat, bisher steht der im Labor erzeugte Sprit lediglich in homöopathischen Dosen zur Verfügung, und so muss schon ein Walter Röhrl kommen, um 250 Liter des kostbaren Saftes zu ergattern. Porsche ließ zusätzlich ein modernes Werksauto mit eFuel mitlaufen und schickte einen Prototypen des Sondermodells „911 Turbo 50 Jahre“ ins Sauerland, der als Vorausfahrzeug für einiges Aufsehen sorgte und erwartungsgemäß klaglos seinen Dienst verrichtete.
Die Klassiker-Gemeinde steht dem Thema eFuels bisher eher reserviert gegenüber. Die Besitzer haben Angst um die Standfestigkeit ihrer Motoren, was nicht zuletzt daraus resultiert, dass E-Fuel häufig mit „Bio-Sprit“ in einen Topf geworfen wird. Der wird aus Nutzpflanzen oder Pflanzenabfällen gewonnen, die Nation tankt bereits seit 13 Jahren einen zehnprozentigen Anteil Biosprit mit jedem gezapften Liter Super E10. Betagte Motoren werden bisher mit Additiven gefüttert, um Schäden zu vermeiden. Ein Porsche-Ingenieur versichert: „Wer E10 tanken kann, kann auch eFuels fahren.“
EFuels werden im Labor erzeugt. Bei Porsche versichert man: Den Kohlenstoffketten ist es egal, ob sie aus der Fabrik oder aus dem Bohrloch kommen. Aus den Rohmaterialien lässt sich synthetischer Kraftstoff jeder benötigten Rezeptur gewinnen, sogar bis zu in Luftfahrt oder Rennsport geforderten Qualitäten. So bestreitet beispielsweise der Porsche-Supercup seine Rennen mit dem chilenischen Sprit. Der rein synthetische Kraftstoff gleicht in seinem chemischen Fingerabdruck exakt dem aus Rohöl gewonnen Super-Benzin.
Die Verbrennung läuft mit eFuels sogar sauberer ab, denn dem farblosen Laborsprit fehlen gegenüber dem aus eingeschlossener Biomasse entstandenen fossilen Öl die biologischen Rückstände, sogenannte Aromate, die bei der Verbrennung eher stören. Anders als fossiler Sprit zersetzt sich synthetisches Benzin bei langen Standzeiten nicht, ein weiterer Vorteil in der Oldtimer-Szene. Zum Beweis für die Unbedenklichkeit ließ Porsche den Original-Prototypen des 356 bei der Rennsport-Reunion in Laguna Seca mit dem HIF-Sprit aus Patagonien antreten.
Kritiker halten eFuels für eine Schimäre, betonen den schleppenden Anlauf der Produktion, die mangelnde Verfügbarkeit und vor allem den Preis. Die Kohlenstoffgewinnung aus dem natürlichen CO2 der Luft gestaltet sich schwieriger als gedacht, eine ausführliche Umweltprüfung in Chile verzögert den Bau einer industriellen Produktion in großem Maßstab. Weil die Energiegewinnung gegenüber rein elektrischem Strom um den Faktor fünf höher ist, berechnen manche auch einen fünf Mal so hohen Preis. Die Ölbranche kalkuliert mit einem eher zwei Mal höheren Verkaufspreis. In der reinen Gewinnung kostet ein Liter Benzin bei Aramco 60 Cent, bei eFuels kalkulieren die Saudis mit 80 Cent.
Will die Welt weg von fossilem Sprit gibt es ohnehin nur einen Weg: nach vorn. Auch wenn Porsche bis 2030 mit einer Elektrifizierung der Flotte auf 80 Prozent kommen will, der 911 soll auch künftig von einem Verbrenner mit Sechszylinder-Boxer angetrieben werden. Davon abgesehen: Schätzungen zufolge sind rund 70 Prozent aller jemals gebauten Porsche noch auf der Straße unterwegs.
Röhrls 75er Carrera mit 2,7-Liter-Boxer ist einer davon, die Besatzung meldete nach vier Tagen Sauerland kein Sprotzen, kein Husten und auch sonst keine besonderen Vorkommnisse: „So ein altes Auto mit synthetischem Kraftstoff zu fahren, hat mich unheimlich interessiert“, sagt Röhrl. Wir wollten mal einen richtigen Test machen, über 750 Kilometer, ob das alles wirklich funktioniert, und ich muss sagen: Das Auto lief perfekt.“
Begeistert waren nicht nur Röhrl und Beifahrer Rafael Diez, sondern auch die Winterberger Feuerwehr. Die grünen eFuel-Fässer, die Porsche in der Woche vor der Rallye angeliefert hatte, mochte Veranstalter Peter Göbel nicht an irgendeiner handelsüblichen Tankstelle auspacken, also wurde die Feuerwehr kurzerhand zur offiziellen Zapfstelle für den zweimaligen Rallyeweltmeister erklärt, der allabendlich zum Nachfüllen auf den Hof rollte. Rallyechef Göbel zufrieden: „Die haben sich riesig gefreut.“